Die historischen Quellen deuten auf einen ununterbrochenen Rinderhandel zwischen dem 14. und 19. Jahrhundert hin


Im 14. und 15. Jahrhundert kam es zu einer Wende in Westeuropa, die in den östlichen Ländern weitgehend ausblieb. Mit der Entfaltung des Gewerbes gewann die Rolle von Städten an Bedeutung und Leibeigene zogen massenhaft dorthin. Der Fleischbedarf der wachsenden Stadtbevölkerung wurde mit Rinderexporten aus den östlichen Gebieten bedient. Das ungarische Steppenrind gelangte nach Nürnberg, Augsburg, München und Ulm ebenso wie nach Italien und Mähren.[3] Im 17. Jahrhundert erreichte dieser Handel mit einer geschätzten Anzahl von 100.000 Rindern im Jahr einen Höhepunkt.[2] Allein in Nürnberg wurden jährlich 70.000 Tiere verkauft. Sie konnten sich wegen der hohen Qualität ihres Fleischs gegenüber konkurrierenden Arten durchsetzen. In deutschen Städten wurden Gesetze erlassen, die die Aufnahme anderen Fleischs in die Fleischbanken untersagten, sobald ungarische Viehherden auf dem Markt eintrafen, damit das teurere Produkt nicht mit schlechterer Qualität vermischt werden konnte.
Nach dem Auftreten von BSE in Westeuropa setzte man auf ausschließlich natürliche Nahrung auf Pflanzenbasis, um garantiert BSE-freies Fleisch zu produzieren. Das Futter der Steppenrinder enthielt weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart tierisches Eiweiß. Dadurch wachsen die Tiere langsamer, haben aber auch massiveres und gehaltvolleres Fleisch als andere Rinder. Sie erlangen die Schlachtreife im Alter von 3 bis 3,5 Jahren, während dies bei Tieren mit intensiver Mästung schon nach 16 bis 18 Monaten erreicht wird.

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Regionsverband Sauwald-Pramtal


Der Auerochse (Bos primigenius) lebte sehr wahrscheinlich schon zu Árpáds Zeiten im Karpatenbecken. Er gilt erwiesenermaßen als Vorfahre aller Hausrinderrassen. Viele Legenden ranken um den bereits ausgestorbenen Auerochsen. Aufgrund der Beschreibungen müssen es imposante und respekteinflößende Tiere gewesen sein.

Abu Hamid al-Gharnati, ein arabischer Reisender aus dem 12. Jahrhundert berichtet folgendermaßen:
„In Basgird (Karpatenbecken) lebt ein großes Wildtier. Das Tier ist so groß wie ein Elefant. Nur das Fell wiegt so viel wie das Gewicht von zwei starken Rindern. Der Kopf ist so groß wie der von einem Ochsen. Es wird gejagt. Sein Name ist attaya. Ein wunderbares Tier. Sein Fleisch ist ausgezeichnet und fettreich, seine Hörner sind so groß und so lang, wie der Rüssel eines Elefanten."

Laut einer Sage wirkte auch beim Bau des Straßburger Münsters im 11. Jahrhundert ein solch gewaltiges Tier mit:
„Da kam ein Fuhrmann aus Ungarn nach Straßburg, mit einem riesigen Büffel oder Auerochsen. Solch einen großen Auerochsen hatte man in den Ländern am Rhein noch nie gesehen.Was aber alle noch mehr in Erstaunen versetzte, war nicht nur die kolossale Gestalt des Auerochsen, sondern auch seine gewaltigen Hörner. Beide waren gekrümmt und am Ende spitz. Jedes Horn hatte beinahe sieben Schuh. Das Tier hatte einen riesigen Körper und Riesenkraft. Allein zog der ungarische Büffel eine viel schwerere Last und Ladung als ein Gespann Pferde oder Ochsen. Mit bewundernswerter Leichtigkeit schleppte er die schwersten Steinquader. [...] Jedermann in Straßburg kannte den gewaltigen ungarischen Ochsen und rühmte die Muskelkraft des Riesentieres.Nach vielen Jahren schwerer Arbeit starb der Büffel. Zur Bewunderung und zum Andenken hing man eines der gigantischen Hörner an einer Kette im Münster auf." Das etwa zwei Meter lange Horn war dort bis zum Ende des 17. Jahrhunderts zu sehen.
Ein imposantes Tier mit exzellentem Fleisch

„Wer kein ungarischer Ochs ist, komm mir nicht zu nah!", ruft Götz von Berlichingen im gleichnamigen Drama von Goethe, als er gefangen genommen werden soll. Nur wer die Kraft eines ungarischen Ochsen hat, hat gegen ihn im Kampf überhaupt eine Chance. In der deutschen Literatur wurde das mächtige Tier zur Metapher.

„Wie ist das ungarische Graurind? Es ist zäh wie der Steppenwolf, anspruchslos wie Gras auf salzigem Boden und du kannst es noch so viel mästen, das Fleisch bleibt so mager und muskulös wie beim Wildhasen.", fasstder Rinderhirte János Kiss vomHortobágy die Vorteile der Rasse zusammen.

Viele Eigenschaften waren geradezu optimal für den langen Transportweg quer durch Europa:Das ungarische Graurind ist anspruchslos, braucht keine Stallung, nur Weidegras oder gemähtes Heu. Es kann sowohl im Winter als auch im Sommer draußen gehalten werden. Das typisch graue Fell wird im Herbst und Winter dicker. Mit Hilfe von Muskelbündelchen wird Luft unter den Haaren eingeschlossen, um das Tier vor der Kälte zu schützen. Aber auch die Sommerhitze vertragen die Graurinder problemlos: Im Sommer wird ihr Fell wieder dünner und die hellgraue Farbe schützt sie vor den Sonnenstrahlen.

Die außerordentlich starken Beine und die ausgeprägte Muskulatur machten es möglich, dass die Tiere die langen Marschrouten von manchmal bis zu 1.500 Kilometernohne Erschöpfungserscheinungen überstanden. Ein anderer wichtiger Vorteil war, dass die Herden nach den strapaziösen „Ochsentouren" relativ schnell wieder zunehmen und die Gewichtsverluste aufholen konnten. Somit standen sie nach einer kurzen Mastphase raschwieder als Ware mit einem stattlichen Schlachtgewicht zur Verfügung. Wenn man das alles bedenkt, war das Graurind der optimale Exportartikel: einer, der sich selbst transportiert, also auf den eigenen vier Beinen vom Züchter zum Fleischmarkt läuft, wetterfest und transportsicher „verpackt" ist und unterwegs nur relativ wenig Kosten verursacht.

Im Frühjahr und im Sommer wurden ca. 10-15 % des Ochsenbestandes für den Export ausgewählt. Ein Beispiel aus dem Jahr 1700 zeigt die Zusammensetzung der Herde: 25 % Jungochsen, 44 % Standardochsen mit einem Gewicht von 450-480 kg und 31 Prozent fette Ochsen, die 500 bis 650 kg wogen. Es gab aber auch Herden, die ausschließlich aus fetten Ochsen bestanden, diese waren auf den westlichen Märkten nämlich sehr begehrt.

Das Schlachtgewicht der „Ungarochsen" erreichte oft das 2-2,5fache der heimischen Tiere. Aber nicht nur die gelieferte Fleischmenge, auch die Fleischqualität war ausschlaggebend für den Export. Auf den Märkten von Augsburg oder Nürnberg in der Frühen Neuzeit war das Fleisch der ungarischen Grauochsen am hochwertigsten und damit auch am teuersten. In Metzger-, Handwerks- und Schlachthausordnungen wird das ungarische Ochsenfleisch ganz oben mit dem höchsten Preis gelistet:Ein kulinarischerLeckerbissender damaligen Zeit.